Haushaltsrede 2006

Benno Feth: Fraktionsvorsitzender der FBU im Stadtrat: Auszüge aus der Haushaltsrede 2006

Ja, diese Kommentare haben verletzt, betroffen gemacht.
Ja, es stimmt:

  • Wir geben Vielen zu Denken auf.
  • Wir geben die rechte Bürgerlichkeit.
  • Wir geben berechtigter Unzufriedenheit Ausdruck.
  • Wir teilen die zunehmende Skepsis gegenüber der Vertrauenswürdigkeit der in diesem Rat etablierten Parteien.

Ja, wir haben manchen das Leben erschwert, die es 1000x verdient haben beim Tarnen, Tricksen, Täuschen.
Und wir bedanken uns ausdrücklich bei der Presse, dass sie diese ernsthafte Arbeit positiv kommentiert und damit auch öffentlich gemacht hat.
Keine Kommune - und auch KL nicht- wird mehr mit ihren Einnahmen auskommen, wenn sie nicht bereit ist, Aufgaben und damit Ausgaben zur Disposition zu stellen.
Freilich braucht man dazu Mut, und vor allem braucht man Wähler, die solchen Mut honorieren.
Die FBU hatte zum Beispiel den Mut, die Gleichstellungsstelle zu halbieren und damit verbundenen erheblichen Einsparungen. An den nachfolgenden Aufstand erinnern sich hier alle. Übrigens: Immer mehr Bundesländer haben diese Stellen landesweit abgeschafft.

Die Doppik, die in KL ab 2007 eingeführt wird, die ähnlich dem Verfahren in Wirtschaftsbetrieben u.a. eine gewisse Vermögensbewertung der Kommune bringen wird, wird uns ein hervorragendes Analyseinstrument an die Hand geben: Wir werden genau wissen, wo wir stehen, z.B.: Was kostet uns eine bestimmte Dienstleistung? Was nehmen wir dafür ein? Was besitzen wir? Was ist rentierlich? Was ist unrentierlich?
Wir werden erstmals in der Lage sein, Leistungen in städtischen Einrichtungen zu vergleichen, z.B.: Was kostet uns ein Kindergartenplatz in den verschiedenen Kindergärten?
Wir werden daraus Handlungsbedarf ableiten können. Auch wird ein Kosten-Nutzen-Vergleich der Leistungen zwischen Kommunen möglich sein.
Die FBU verspricht sich Positives von dieser neuen Rechnungslegung, vorausgesetzt, wir sind auch bereit, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Durch die Doppik wird es möglich sein, dem städtischen Vermögen eine Ertragsbewertung zuzuordnen. Dann wird eine Entscheidung über einen eventuellen Verkauf städtischen Vermögens objektiver zu treffen sein. Dann wird auch dem Vorwurf besser zu begegnen sein, die Stadt verschleudere Vermögen.
Auf einen Punkt gebracht: Was nützt Tafelsilber, wenn man nichts zum Essen hat?

Wenn man sich von unrentablem Vermögen trennt, dann wächst das Nettovermögen, die Schulden schrumpfen, die Stadt zahlt weniger für den Schuldendienst, sie kann wieder mehr investieren und Geld fließt in die Sanierung von Schulen, Kindergärten usw.
Deshalb ist das Argument der Verkaufsgegner falsch, die Stadt ziehe sich aus ihrer sozialen Verantwortung zurück.
Unsozial ist es vielmehr, aus Finanznot Schulen nicht zu sanieren, nicht in Bildung zu investieren, Straßen verkommen zu lassen und nachfolgenden Generationen untragbare Schuldenberge zu hinterlassen!

Es wird Zeit zu handeln, jetzt müssen die richtigen Weichen gestellt werden; der demographische Faktor - immer weniger müssen für immer mehr aufkommen- wird uns in wenigen Jahren mit voller Macht treffen.
Jedem muss hier klar sein: Unsere finanzielle Lage wird sich nicht wesentlich bessern durch die eine oder andere höhere Einnahme.
Sie wird sich auch nicht bessern durch die eine oder andere Sparmaßnahme. 48 Mio. Euro Schulden zusätzlich allein im nächsten Jahr sprechen eine deutliche Sprache!
Andere Städte haben Wege aufgezeigt, der Schuldenfalle zu entkommen. Braunschweig, Dresden, Offenbach, um nur einige zu nennen.
Ich darf einige Maßnahmen dieser Städte anführen:

  • 20-prozentige Kürzung aller freiwilligen Leistungen
  • Abgabe der Ampelanlagen an einen Elektrokonzern
  • Ehrenamtlicher Aufsichtsdienst in Museen
  • Verkauf von Versorgungs-AGs
  • Verkauf des Rathauses mit anschließender Anmietung bzw. Leasing

Allerdings hat die Sache mit dieser wundersamen Geldvermehrung einen Haken: Die Stadt ist in Zukunft zum soliden Haushalten verdammt. Ansonsten ginge die Rechnung nicht auf, weil es dann kein/kaum mehr städtisches Vermögen gäbe, um neuerliche Schuldenberge zu tilgen. Die Gefahr besteht natürlich, dass dieser Rat, angesichts eines Geldregens, wieder aus dem Vollen schöpfen würde, anstatt Schulden abzutragen.

Viele Gemeinden haben nachgewiesen, dass kommunale Betriebe für die Wasser-, Gas-, Stromversorgung usw. ebenso wenig zur sicheren und preiswerten Versorgung ihrer Bürger erforderlich sind, wie städtische Wohnungs-, Verkehrs- und Entsorgungsunternehmen. Oft sind es allein die Steuerprivilegien, die öffentliche Unternehmen günstiger erscheinen lassen als private Konkurrenzunternehmen.
Aber, wie gesagt, zu all diesen Entscheidungen gehört Mut! Die FBU hofft, dass nach dem 11. März sich der Rat dieser schwierigen Aufgabe stellt.

Die Verzinsung des in kommunalen Unternehmen arbeitenden Kapitals liegt- von Fällen der Ausbeutung des kommunalen Wegemonopols abgesehen - meist unter dem Marktzins - was ebenfalls für Verkauf (Privatisierung) spricht.
Es geht hier nicht um einen Totalausverkauf. Es gibt kommunale Betriebe, die konkurrenzfähig sind, hervorragend geführt und es so mit jedem privaten Anbieter aufnehmen können - und es gibt leider andere!
Es gibt verschiedene Beispiele, in denen wir Ratsmitglieder „scheinprivatisierte Firmen“ wie Stadiongesellschaft, Gartenschau, ZAK - um sie einmal alle in einen Topf zu werfen- entschulden mussten, ohne ein Recht auf lückenlose Information, auf Mitsprache, auf Entscheidung. Auf solche Privatisierungen können wir und auch die Bürger gerne verzichten! Wenn der Rat rechtlich gesehen doch die Fehler der anderen durch Entschuldung ausgleichen muss, kann er auch gleich selbst entscheiden und die Geschäftsführer an der Kandare halten.

Dieser Rat verliert sich häufig in Kleinigkeiten. Es wurde keine Debatte über den ZAK geführt, aber eifrig, ja leidenschaftlich über Tourismuskonzepte, das „Dächelche“ über der Karstadt-Rolltreppe und Ähnliches. Es kann doch nicht unsere Aufgabe sein, Debatten über den Luftdruck in den städtischen Traktoren loszutreten.
Durch solche Minidebattchen lässt sich der Rat ablenken vom Wesentlichen, von der einzigen entscheidenden Frage: Glauben Sie im Ernst, dass es ewig so weiter gehen wird - jedes Jahr 40 - 50 Millionen Euro mehr neue Schulden?

Kommen wir zur Photovoltaik, einem weiteren Lieblingsthema von mir. Wir wollen in der Solarbundesliga spielen. Das Thema treibt jedem Gutmenschen Tränen der Rührung in die Augen, Sie benutzen Begriffe wie Nachhaltigkeit, regenerative Energie, Zukunft unseres Planeten, ohne sich um technisches Hintergrundverständnis zu bemühen. Die Ziele sind gut, allein der Weg zum Teil ungeeignet.
Ein Bürgersolarwerk will man errichten, jeder soll die Möglichkeit erhalten, sein Geld ethisch einwandfrei zu vermehren. Ein teures Gutachten wird in Auftrag gegeben, das zum Schluss kommt, dass jeder an diesem Solarwerk Beteiligte seinen eigenen Wechselrichter, seinen eigenen Zähler, seinen eigenen Anschluss haben soll. Dafür wird der glückliche Besitzer dieses Minikraftwerkes dann, wenn es hoch kommt, wenn die Sonne scheint, 1 kw Leistung ins Netz einspeisen. Vom Wirkungsgrad her gesehen, eine Katastrophe!!
Wahrscheinlich sogar in der ökologischen Gesamtrechnung.
Übrigens: Der elektrische Anschlusswert der Stadt KL beträgt in Spitzenzeiten 100 000 KW. Für den Laien: So hoch ist also unser Bedarf.
Benachteiligt wird eindeutig der Stromkunde, der keine Photovoltaikanlage sein Eigen nennt, also keine Gewinne mit der Stromerzeugung macht, sondern durch seine Gebühren den moralisch guten Strom bezahlt, und zwar mit 49 Cent/kwh.
Man wundert sich, dass die Stromrechnung immer teurer wird.
Zum Vergleich: Die kwh aus herkömmlichen Kraftwerken kostet etwa 5-6 Cent.

Wir sind natürlich für eine Reduzierung des CO2- Ausstoßes, aber auch hier gilt Effizienz als Handlungsprinzip! Durch bessere Isolierung der Gebäude und moderne Heizungsanlagen können wir bei gleichem Aufwand ein Vielfaches an Wirkung erreichen. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Die Modernisierung der Heizung des SZ Süd bringt eine  Kostenersparnis von über 55 000 Euro, jährlich!
Eine Anfrage an den Umweltdezernenten (Remler) bezüglich einer Kosten-Nutzen-Analyse bei der Solaranlage und Heizungsrenovierung ist bis jetzt - wir sind das ja mittlerweile gewöhnt- immer noch nicht beantwortet.
Meiner Schätzung nach bringt der in eine Heizungserneuerung investierte 50x so viel C02- Reduzierung wie der in die Photovoltaik investierte.
Deshalb fordert die FBU statt Blendwerk auf dem Dach: Subventionen von Dämmmaßnahmen und modernen Heizungsanlagen. Davon profitieren dann Hauseigentümer  u n d  Mieter, es handelt sich also um umwelt,- und sozialverträgliche Ausgaben.
Und nicht zu vergessen: Solche Maßnahmen bringen dem heimischen Handwerk viele echte Aufträge. Das Geld bleibt in der Region.

Die FBU hat auch nichts gegen die Einrichtung von Photovoltaikanlagen, da, wo sie optimale Leistung erbringen können. In Sardinien beispielsweise haben sie einen doppelt so hohen Wirkungsgrad wie bei uns, in unserem Partnerland Ruanda sogar einen 4-fach höheren. Warum helfen wir nicht dort, wo das Geld in verschiedener Sicht weitaus wirkungsvoller angelegt wäre?

Hätte man nach Kosten und Nutzen gefragt, gäbe es keinen ZAK-Skandal. Der klare Verstand war bei Entscheidungsträgern offensichtlich völlig vernebelt. Verlocken Wunderdingen wie Kreislaufwirtschaft, Nullemissionen, inerte Behandlung, Absteuerung thermischer Fraktionen, biomechanische Behandlung - Bio ist immer gut! - Kompostierung, autarke Energieversorgung der Anlage und Stichwort: Ölprinzip, die mehr als abenteuerliche Dieselölgewinnung. In all diesen Fällen war der illusionäre Wunsch, Vater der Entscheidungen zu werden und nicht etwa technischer Sachverstand und naturwissenschaftliche Grundlagen. Es wäre wünschenswert, wenn künftig nicht nur Juristen und Kaufleute, sondern Physiker und Ingenieure zum Entscheidungsgremium gehören würden.

Die traurige Realität kennen Sie. Uns allen, sogar mir, ist das Lachen vergangen. Selbst ich habe mit solch einer Katastrophe nicht gerechnet. Die Schäden trägt der Bürger - durch die um 35% erhöhten Müllgebühren und die 3,5 Millionen Euro, die unserem Haushalt so enorm fehlen. Auf solche Nachhaltigkeit können wir gerne verzichten.

Und die Verantwortung für das Desaster übernimmt niemand! Alle sind unschuldig, und der Vorsitzende einer großen Partei bewertet die Leistung von Verbandsvorsteher und Stellvertreter als gut! Das nenne ich tolldreist!

Und dann wundert man sich, dass sich eine Bürgerinitiative bildet. Man nennt sie populistisch und polemisch, wie übrigens die FBU auch und wie immer, wenn jemand für die Bürger kritische Fragen stellt, sich nicht abwimmeln sich nicht mit Wortgeklingel zur Verschleierung der traurigen Tatsachen abspeisen lässt. Die Bürger wünschen sich Aufklärung und politische Konsequenzen. Solche Mängel in allen Entscheidungsbereichen des ZAK - Technische Entscheidungen, Buchführung, Rechnungslegung, Verschwendung, Personalführung usw.- können nicht höflicher übergangen werden! Überall im Land verlieren Arbeitnehmer wegen weitaus geringerer Fehler ihren Job! Nur nebenbei: Was würde einem städtischen Abgeordneten passieren, wenn er nur ein Mal die Stechuhr nicht korrekt benutzen würde?

Bürgerinitiativen bilden sich, wenn der Bürger sich von seinen Repräsentanten nicht mehr vertreten, sich nicht mehr ernst genommen fühlt.
Das gilt auch für die Bürgerinitiative gegen die Gaspreiserhöhungen. Ich darf aus der RHEINPFALZ vom 18.01.05 zitieren: „Allerdings kann jeder die FBU-Forderung unterschreiben, dass Ratsmitglieder in Aufsichtsräten städtischer Beteiligungsgesellschaften bei ihren Entscheidungen das Interesse der Bürger nicht aus den Augen verlieren dürfen.“ Entscheidungen müssen transparenter werden. Ein Aufsichtsratsposten verlangt Arbeit, „mit Kaffee-Trinken ist es nicht getan“, und Aufsichtsratssitzungen müssen nicht in Südtirol stattfinden mit gechartertem Sonderflugzeug! Oder in München, „Bayrischer Hof“ ist auch eine gute Adresse. Vielleicht sind manche Mitglieder durch Ämterhäufung überlastet und sollten auch mal einen Aufsichtsratsposten an einen weniger belasteten oder in der Sache kompetenteren Parteifreund abgeben. Sicherlich ist es auch nicht wünschenswert, dass jemand den traurigen Rekord von 40 Jahren in einem attraktiven Aufsichtsrat aufstellt.

Eines muss allen hier klar sein: Das Krisenmanagement in der ZAK-Affäre hat versagt. Der Bürger und die Stadt haben nicht nur viel Geld verloren, sondern der Rat hat an Ansehen verloren. Durch die mangelnde, zumindest äußerst schleppende Bereitschaft zur Aufklärung, in der sich fast alle Fraktionen im Rat verbündet haben, hat der Stadtrat selbst zur Politikverdrossenheit beigetragen. Erinnern Sie sich: Wir sitzen hier, um die Interessen der Bürger von KL zu vertreten und nicht Interessen derer vom Kreis oder gar von Kusel und nicht, um die Fehler unserer Fraktions- und Parteimitglieder zu decken.

Nach so viel staatsmännischer Zurückhaltung, nach so vielen gemessenen Worten zum Abschluss ein kleiner Ausflug in die Welt des Populismus und der Polemik- das erwarten Sie doch von mir!
Anlässlich der letzten Haushaltsdebatte wurde der Rat angeblich durch meinen Antrag übertölpelt, die Gleichstellungsstelle zu halbieren.
Heute stelle ich den - ebenfalls erstgemeinten – Antrag nicht auf Halbierung einer Stelle, sondern auf Halbierung der Bezüge eines B4-Beamten, um Salär und Leistungen annähernd in Einklang zu bringen.
Aber wie ich den Herrn Oberbürgermeister kenne, kann er diesen Antrag aus juristischen Gründen nicht zur Abstimmung zulassen.
Schade- ich hätte mit einer Mehrheit gerechnet!
Aber das Problem wird sich - nicht ganz so preiswert- im Spätsommer von selbst lösen.