Haushalt 2013

Benno Feth: HAUSHALT 2013 - 17.12.2012

Um eventuellen Missverständnissen gleich zu begegnen:
- Ich meine immer alles ernst
- Und ich bin nicht so - nur komme ich so selten dazu.

Es ist vielleicht etwas zu pathetisch zu äußern, dass mit der Übertragung der Haushaltsreden durch den offenen Kanal eine neue Epoche der Stadtratsgeschichte beginnt und Sie sagen können: Wir sind dabei gewesen.

Das mediale Zeitalter hat den Stadtrat erreicht. Manches wird sich verändern: Eine breitere Öffentlichkeit wird hergestellt, eine Zensur mit der Feder verliert an Bedeutung. Vielleicht - ein Damm ist gebrochen - werden bald alle Ratssitzungen und Ausschusssitzungen live übertragen.

Man könnte auch an die interessantesten Sitzungen - die nichtöffentlichen - denken. Traumhafte Einschaltquoten wären die Folge. Eine Standleitung Rathaus - Pariser Straße scheint ja schon bestanden zu haben, mit O-Ton-Übertragung aus den nichtöffentlichen Haushaltsberatungen. Fehlte nur noch die Bildübertragung.

Wird der OKK zum Parlamentskanal, wird sich manches ändern:

Die Debatten werden lebendiger werden müssen.

Dem Bürger wird vieles besser erklärt werden.

Die Ratsmitglieder müssen noch kompetenter werden.

Und nicht zuletzt: Telegenität ist gefragt.

Wer den Haushaltsberatungen beigewohnt hat, konnte feststellen, dass sich im Rat manches geändert hat. Fatalismus ist einem vorsichtigen Optimismus gewichen. Nach Jahren, Jahrzehnten des Abwartens, Zögerns, Verweigerns von Sparmaßnahmen, des nicht Ansprechendürfens von Problemen und Fehlentwicklungen scheint man nun am Anfang eines Aufbruchs zu stehen.

Mancher ideologische Restposten wurde aufgegeben - aber nicht bei allen.

Ohne die Selbstbindung durch den Beitritt zum Kommunalen Entschuldungsfonds wäre das nicht möglich gewesen. Die Unnachgiebigkeit der ADD tat ein Übriges. Und hier ist auch die Konsequenz des Oberbürgermeisters zu loben, der den Wünschen der verschiedenen Fraktionen, die das Sparen torpedieren wollten, tapfer widerstanden hat.

Die vielgescholtene Doppik hat fast allen hier die Augen geöffnet, sie zeigt uns nämlich unser Problem wie in einem Brennglas: In zwei Jahren wird unser Eigenkapital aufgebraucht sein. Kaufmännisch gesehen heißt das: Wir sind pleite. Wenig vertrauensbildend wirkt das, wenn der Stadtkämmerer bei den Banken vorstellig wird wegen neuer Kredite. Man wird ihn dann auf Basel III hinweisen.

Die Mehrheit des Rates hat den Ernst der Lage erkannt, und man ist gewillt, mehr als nur kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, die alsbald wieder verpuffen würden. Man muss an liebgewordene Besitzstände heran, wohl wissen, dass einem der Applaus des hochverehrten Publikums nicht gewiss ist. Ich nenne hier nur Beendigung des kostenlosen Parkens und Verteuerung von Theater- und Konzertplätzen.

Die Neuverschuldung auf Null zu bringen, muss kein Traum bleiben bei entsprechender Ausgabendisziplin. Vielleicht gelingt es 2014 schon. Weitere “Grausamkeiten” müssen wir begehen, nicht weil wir Unmenschen wären, schon gar keine “Untiere”. Unser Verantwortungsbewusstsein verlangt das. Also bitte keine weiteren Wunschzettel mehr als Schaufensteranträge hier im Rat!

Immer wieder hat man uns Ratsmitglieder von Seiten der Verwaltung auf sogenannte zeitgemäße Standards verwiesen, wenn wir die Kosten einer Maßnahme als zu hoch beurteilten.

High Tech vom Allerfeinsten in einem Kindergarten vorzusehen, ist sträflich. Da hat man so richtig zugelangt: Eine Elektroinstallation für über 500 000 Euro für e i n e n Kindergarten. Zum Vergleich: für ein Einfamilienhaus kostet die Elektroinstallation etwa 10 000 Euro. Grund: ein Bus-System, mit dem keiner umgehen kann. Das Rathaus Nord hat es bewiesen. Im Schulzentrum Nord gehen Lichter nächtelang nicht mehr aus, spielen Jalousien verrückt und vieles mehr. Nur ein winziger Bruchteil der Funktionen, die ein solches System bietet, sind notwendig; abgerufen werden noch weniger. Die “Rheinpfalz” hat ja einen Vortrag zur Wirtschaftlichkeit dieses Systems kommentiert.

Man hat sich wieder einmal etwas aufschwätzen lassen. Wie beim Metzger: “Darf es etwas mehr sein?”

Ein normaler Lichtschalter kommt auf 3-4 Euro, beim Bus-System auf 153 Euro. Nicht jeder Heizkörper muss über ein solches System gesteuert und reguliert werden. Ein Rat an die Verwaltung: Schauen Sie sich im Baumarkt um. Da finden sie Thermostatventile mit Temperaturregelung und Zeitschaltuhr für 16 Euro. Von jedem bedienbar. Und dann gibt es noch 20% für alles ohne Stecker.

Und noch immer, so hört man, träumt der zuständige Amtsleiter davon, alle städtischen Gebäude mit einem solchen System zu steuern und zu überwachen. Das ist schlicht und einfach nicht zu bezahlen. Und im Griff hat man das System auch nicht. Low Tech statt High Tech muss die Devise lauten. Vielleicht kriegen ja die Verantwortlichen noch rechtzeitig die “Lernkurve”.

Jeder private Haushalt muss unter vielen Wünschen diejenigen auswählen, die mit den verfügbaren Mitteln finanziert werden können. Diese einfache Regel muss auch für die öffentliche Hand gelten.

Erst recht in Rage komme ich, wenn ich erfahren muß, dass man - ich vermute mal aus Mangel an Arbeit - begonnen hat, einzelne geschützte Bäume einzumessen. Ein Tipp: Verwenden Sie für diesen Zweck das Navigationssystem Tom Tom vom Discounter für schlappe 149 Euro. Das mißt jeden Punkt sekundengenau in Nullkommanichts. Die erwähnte Maßnahme ist jetzt gestoppt worden.

Übrigens: Das Vermessungs- und Katasteramt KL schließt in allernächster Zeit. Die Angestellten müssen dann täglich nach Kusel, Alzey oder Pirmasens fahren. Ohne Pardon.

Was den ASK anbelangt, will ich nicht den Chor der selbstgerechten Empörer verstärken. Gewiss ist dort in den letzten 10 bis 15 Jahren vieles falsch gelaufen. Der neue Werkleiter hat es auf den Punkt gebracht mit seiner Bemerkung: “Viele denken, ich habe einen festen Job, ich brauche nicht zu denken”. Das es im ASK schon länger nicht mehr rund lief, musste doch jedem Mitglied des Werksausschusses klar sein, wenn es die Entwicklung der Jahresabschlüsse genauer betrachtet hätte.  Und der jetzt kranke Werkleiter hat deutlich auf einige Probleme hingewiesen. Nicht bekannt war wohl die Überalterung des Fuhrparks, die uns in naher Zukunft Investitionen abverlangen wird.

Die, die am lautesten rufen: “Haltet den Dieb” verweigerten sich notwendigen Gebührenerhöhungen. Auch das Mitglied der FBU im Werksausschuss hat - zugegebenermaßen - eine Gebührenerhöhung abgelehnt, um den Bürgern eine weitere finanzielle Belastung zu ersparen.

Einen dritten Skandal, nach der Kernschmelze ZAK und dem Knall im ASK, können wir uns nicht mehr leisten. Das würde das ohnehin beschädigte Ansehen des Rates als Aufsicht endgültig ruinieren. Denn der Vorwurf: “Ihr habt wieder einmal geschlafen” wäre dann mehr als berechtigt.

Eine Bemerkung zum Abschluss: Gibt es denn niemanden im Konzern, der die jetzt von Herrn Klinkhammer übernommene Aufgabe hätte übernehmen können? Das ist ein Armutszeugnis. Herr Oberbürgermeister, ich werde wieder rückfällig, wollte ich doch nichts mehr über den ZAK sagen. Aber nun geht es doch nicht. Der ZAK läßt sich für Gewinne feiern. Er erhöht dem ASK die Preise für seine Leistungen. Und  …   Der Gewährsträger, die Stadt, subventioniert auf unabsehbare Zeit das Heizkraftwerk und die Windräder mit rund einer Million Euro pro Jahr. …  Naivdenker könnten da auf die Idee kommen, das die ZAK-Gewinne hier einspringen könnten. …  Ich weiß schon : Aus juristischen Gründen geht das nicht- vermute ich mal.

Städtische Unternehmen können durchaus erfolgreich geführt werden. Das beweist die Stadtentwässerung. Die Kennzahlen Gewinn und Eigenkapitalquote sind so gut, dass eine Gebührensenkung ins Auge gefasst werden sollte. Die Bürger werden es danken, in einer Zeit, in der Gebühren und Abgaben nur eine unerträgliche Richtung kennen, nämlich nach oben.

Stellenstreichungen und die sechsmonatige Wiederbesetzungssperre führen zu Härten. Bei unserer Haushaltslage waren sie unumgänglich. Probleme im Betriebsablauf sind mit gutem Willen und Phantasie zu lösen.

Auf Kündigungen zu verzichten, war immer Konsens. Dafür dürfen wir aber auch etwas erwarten!:

- Aufgeschlossenheit der Bediensteten, sich den Aufgaben noch besser zu stellen. “Hier bin ich, hier bleib ich, Veränderung, nein danke” muß der Vergangenheit angehören.

- Bereitschaft, sich weiterzubilden und weiterzuqualifizieren und neue Aufgaben, wenn nötig, zu übernehmen; auch Angebote zur Qualifizierung zu fordern - all das muss vom Personal erwartet werden können.

Auf eine Frage von mir: “Welche Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote gibt es für Ingenieure?” erhielt ich die lapidare Antwort: “Null”.

Das ist ein Armutszeugnis für eines der größten Ingenieurbüros der Stadt. Es gibt umfassende, flexible, modulare Fortbildungsangebote für praktisch alle Ingenieurbereiche, die auch im Hause angeboten werden können, mit Multiplikatoreffekt.

Insbesondere muss man von allen Kräften - und insbesondere von denen mit Entscheidungsbefugnis - Kostenbewusstsein erwarten können, auch was Nachfolgekosten von Maßnahmen betrifft.

Ein Beispiel mag dies verdeutlichen:

Für den Abriss dreier Wohnblöcke in der Berliner Straße hat man mit der Abrissplanung ein Ingenieurbüro beauftragt. Gutachterkosten: 60 000 Euro. Dazu kommen zwei Nachträge, also noch mehr Kosten. Kein Unternehmen würde so verfahren. Man schreibt solche Arbeiten aus. Ein Abbruchunternehmen besorgt den Rest. Ketzerich bemerkt: Welches Ingenieurbüro hat ein Interesse daran, Kosten niedrig zu halten, wenn sein Salär in % der Kosten berechnet wird? Unerhört ist es auch, dass kein Bauingenieur der Stadt in der Lage ist, einen solchen Abriss fachmännisch zu begleiten.

Ich habe mir so meine Gedanken gemacht: In nächster Zeit wird die Zahl der städtischen Mitarbeiter um 100 sinken. Das hat doch zur Folge, dass circa 50 Büroräume, vielleicht auch etwas weniger, zur Disposition stehen. Und da habe ich mir gedacht, dass vielleicht das Rathaus Nord überflüssig sein wird; ein Gebäude, das seinesgleichen sucht an Raumgrößen, opulenter Ausstattung, EDV auf neuestem Stand, Bus-System usw.

Da böte es sich unbedingt an, einen Mieter zu finden für diese Immobilie in bester Lage.

Liebe Zuhörer,ist Ihnen Folgendes schon aufgefallen: Pünktlich zum Herbst, wenn die Tage kürzer und trüber werden, der Sonneneinstrahlwinkel immer flacher, wird in der Lokalpresse der Stadt, die stolz darauf ist, eine Technische Universität zu besitzen, die Hymne an die Sonne angestimmt, allerdings mit vielen falschen Tönen: Schönberg statt Beathoven.

Da liest man fettgedruckt in der Überschrift “20 MWh erreicht”. Meint man 20 GWh oder etwa 20 Mw peak? Was richtiger wäre. Da hat mich morgens schon früh ein empörter Professor der Elektrotechnik angerufen und gefragt, wie tief man denn in der Verwaltung noch sinken wolle.

Die Wertschöpfung bliebe in der Region, so war weiter zu lesen. Müsste man nicht erwähnen, dass der Stromgebührenzahler diese Wertschöpfung mit 5 Millionen subventioniert, jährlich!

Der Bürger profitiere: Richtiger wäre: Es profitiert der Hausbesitzer mit nach Süden geneigtem Dach, nicht sein Mieter, der darf löhnen. Schaffe Arbeitsplätze, heißt es. Stimmt, aber vorwiegend in Rotchina - und was für welche!

6000 Haushalte würden mit Strom versorgt. Mit der genannten Zahl wären es gerade mal sechs Haushalte.

Und das Tollste kommt noch:  Damit vermieden wir Unmengen von giftigem Kohlendioxid, war zu lesen. Herr Oberbürgermeister! Im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht sollten Sie im gesamten Rathaus das Ausatmen verbieten, das produziert nämlich CO2.

Es wäre unbedingt ratsam, die “Rheinpfalz” künftig mit seriösen Informationen zu versorgen. Vielleicht könnte in Zukunft Dr. Nils Nager gegenlesen.

Für dumm sollte man die Leute nicht verkaufen.

Die Energiewende ist von der Utopie in der Wirklichkeit angekommen. Die Landung ist hart. Zu warnen, dass die Strompreise aus dem Ruder laufen würden, galt auch hier im Rat als Panikmache, wo doch ein jeder wusste, das die Sonne keine Rechnung schickt und der Wind kostenlos weht.

Schöne Gedanken von atemberaubender Schlichtheit.

Konkret: Die Stromkosten für die Stadt steigen ungebremst. Ich könnte den Herrn Oberbürgermeister, wie schon in der Vergangenheit, um die Entwicklung der EEG-Umlagekosten für die Stadt bitten. Die Kosten steigen für den Gebäudebestand und die Liegenschaften der Stadt, für die Beleuchtung und im Sozialhilfehaushalt.

Einkommensschwachen Haushalten nützen wohlfeile Ratschläge der Energieberater wenig, sich sparsame, aber teure Kühlschränke und Waschmaschinen anzuschaffen; wovon denn?

Und ob die kommunalen Versorger zu den Opfern oder den Gewinnern der Energiewende gehören werden, ist noch lange nicht ausgemacht.

Die Stadt braucht eine ertragsstarke SWK. Die Stadtwerke stehen in einem knallharten Wettbewerb, denn die Verbraucher sind mehr und mehr gewillt, zu preiswerteren Anbietern zu wechseln.

In immer kürzer werdenden Abständen werden neue Abgaben fällig. Das erklärt auch, vielleicht, warum an ein und demselben Tag zwei Schreiben des örtlichen Versorgers im Briefkasten zu finden waren, pro Vorstand eine, wie man in der Stadt witzelte.

Der Gebührenzahler sieht sich unter die Hütchenspieler gefallen.

Oberhausen, in den vergangenen Jahren die Stadt mit dem zweifelhaften Ruhm, die Stadt mit der höchsten Verschuldung pro Einwohner zu sein, hat es geschafft, zweiter zu werden, hinter KL. Oberhausen (8500 Euro Schulden pro Einwohner) hat seinen Schuldenstand stabilisieren können, während in KL die Verbindlichkeiten auf 10 635 Euro pro Einwohner angewachsen sind, so die FAZ vom 22. November diesen Jahres.

Ich will ein inflationär gebrauchtes Wort der diesjährigen Haushaltsberatungen aufgreifen: Delta.

Delta, der neue Euphemismus steht für Schulden, für einen Fehlbetrag. Wäre es nicht schön, wir könnten das grobe Delta zu einem infinitesimal kleinen d werden lassen!

Und ein letzter Wunsch ans Christkind: Könnten wir doch das ungesunde Verhältnis zwischen Sozialhaushalt und Investitionen umkehren!